300 Kantischüler als Kompromiss

veröffentlicht am Freitag, 16.05.2014

Toggenburger Tagblatt

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300 Kantischüler als Kompromiss

WATTWIL. Die Toggenburger sollten nicht dagegen kämpfen, dass Kantonsschüler aus Rapperswil-Jona in Pfäffikon zur Schule gehen. Das rät Rolf Dubs, früherer Rektor der Universität St. Gallen. Er hält eine Zahl von 300 Schülern für vertretbar.

 

MARTIN KNOEPFEL

 

Der Titel der Veranstaltung ist eher sperrig: «Zur Bedeutung der Kantonsschule für den Bildungsstandort sowie als gesellschaftlicher und kultureller Schwerpunkt der Region.» Die FDP Wattwil lud am Mittwoch nach der Hauptversammlung zum Vortrag des früheren Rektors der Universität St. Gallen ein. Rund 25 Personen kamen in den Wattwiler Thurpark.

Eingangs legte er Wert auf eine Relativierung. Wenn in Schulfragen Probleme auftauchten, suche man Wissenschafter, die die absolute Wahrheit verkünden sollten. Aussagen von Wissenschaftern in Bildungsfragen seien aber meist «Wenn-Dann-Aussagen». Man müsse fragen, von welcher Wertvorstellung die Autoren einer wissenschaftlichen Studie ausgingen. Abhängig davon könnten zwei Antworten auf eine Frage richtig sein. Er sei überzeugt, dass es in abgelegenen Gebieten Mittelschulen brauche, sagte Rolf Dubs.

 

Schule wichtiger Standortfaktor

Die demographische Entwicklung bewirkt, dass die Schülerzahlen sinken. Davon ist Rolf Dubs überzeugt. Überzeugt ist er auch, dass man den Erkenntnissen der Forschung trauen kann, die sich mit der Frage befasst, was denn die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts ausmacht.

Drei Faktoren stünden im Vordergrund, sagte Rolf Dubs, wobei die Reihenfolge offenbar nicht in Stein gemeisselt ist. Als Erstes nannte er gute Verkehrsverbindungen. Aber auch das Bildungswesen sei ein zentraler Faktor für die regionale Entwicklung. Ohne gute Schulen gebe es in einem Gebiet keine gute wirtschaftliche Entwicklung. Je besser sodann das kulturelle Angebot in einer Region sei, desto besser entwickle sich die Wirtschaft dort. Der Kantonsschulstandort Wattwil sei deshalb für die wirtschaftliche Entwicklung des Toggenburgs sinnvoll, sagte Rolf Dubs.

 

«Besserer Umgang»

Die optimale Grösse einer Schule liege bei 500 bis 600 Schülern. Das sei wissenschaftlich unbestritten. Grosse Schulen böten mehr Wahlmöglichkeiten, räumte der Referent ein, hob dann aber gleich Vorzüge kleiner Schulen hervor. Sie hätten weniger Disziplinarprobleme, etwa Störungen im Unterricht. Das gelte für ländliche wie städtische Gebiete. Und in kleinen Schulen sei der Umgang der Lehrer mit den Schülern bedeutend besser, persönlicher und unterstützender.

In kleinen Schulen seien die Lehrer mehr als «Stundengeber». Sie setzten sie sich stärker für das Profil der Schule ein und seien ebenfalls stärker Träger der Kultur in der Region. Rolf Dubs ist selber Verwaltungsratspräsident einer Privatschule mit 180 Schülern im Unterengadin.

 

Sparwille demonstrieren

Klar sprach sich Rolf Dubs für die räumliche Zusammenführung von Kantons- und Berufsschulen aus, um Schulen in abgelegenen Gebiete zu erhalten. Aus politischen Gründen – um zu zeigen, dass das Toggenburg einen Beitrag zum Sparen leisten wolle – würde er nicht auf einer Grösse von 600 Schülern für die Kanti Wattwil bestehen sondern wäre bereit, bis auf 300 Schüler runter zu gehen. Bedingung sei die Zusammenlegung der Kanti mit dem BWZT. Das spare Kosten in der Administration. Wo das möglich ist, solle der Unterricht gemeinsam erfolgen. Als Fächer wurden Sport, Musik sowie Geschichte und Staatskunde genannt. Eine Highschool nach US-Vorbild ist aber nicht das Ziel. Rolf Dubs rät den Toggenburgern, nicht aus Angst vor einer zu kleinen Kanti dagegen zu kämpfen, dass Schüler aus Rapperswil-Jona in Pfäffikon die Kanti besuchen. Und boshaft riet er, man solle den Kanton die Erfahrung der langen und komplizierten Verhandlungen, die es dann brauche, machen lassen. Mit der Qualität der Schule sollten die Toggenburger nicht argumentieren, sagte Rolf Dubs, denn dafür seien vor allem die Lehrkräfte wichtig.

In der Diskussion sagte der Rektor der Kantonsschule Wattwil, Martin Gauer, dass er die Untergrenze bei wesentlich mehr als 300 Schülern sehe. Bei weniger Schülern sei das heutige Bildungsangebot nicht mehr aufrechtzuerhalten, sagte Martin Gauer und nannte die Big Band oder die naturwissenschaftliche Forschungsgruppe. Gute Lehrkräfte würden abwandern, wenn nicht mehr alle Angebote möglich seien, erläuterte er. Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner sagte daraufhin, er wäre überrascht, wenn am Ende der Debatte eine Kanti mit 300 Schülern stünde.


300 Kantischüler als Kompromiss (Freitag, 16.05.2014)

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